Zu "Hans-Günter Rolff" wurden 9 Titel gefunden
Bildung ist ein Menschenrecht; es garantiert die „volle Entfaltung der Persönlichkeit“ und eine Erziehung zu Mündigkeit und Verantwortung im Sinne der Menschenrechte. Entsprechend ist Bildungsgerechtigkeit die Selbstverpflichtung einer Gesellschaft, dieses Menschenrecht einzulösen. Das erfordert zunächst, allen Heranwachsenden freien Zugang zu Bildungseinrichtungen zu ermöglichen. Eine solche systemische Verteilungsgerechtigkeit vermag jedoch nicht die herkunftsbedingten Unterschiede und die daraus resultierende Bildungsungerechtigkeit zu kompensieren. Daher richtet sich der aktuelle Diskurs über Bildungsgerechtigkeit auch und vor allem auf die Schwerpunkte Teilhabe und Anerkennung.Die Heftbeiträge zeigen, was Schulen tun können, um in diesem Sinne allen Schüler*innen gerecht zu werden. An konkreten Unterrichtsbeispielen und Bildungsbiografien wird gezeigt, wie das Konzept einer Schule auf gemeinsames Lernen, auf Teilhabe und Anerkennung angelegt werden kann und wie Unterrichts- und Schulentwicklung dabei zusammenwirken.
„Wenn nichts geändert wird, bleibt nichts so, wie es ist“. Sprüche dieser Art sind häufig zu hören. Warum kann es sein, dass eine Schule sich ändern muss? Warum hat der Begriff Change Management zur Zeit so eine Konjunktur? Schule unterliegt ständig einem Wandlungsprozess. Das liegt an dem gesellschaftlichen Wandel, der nicht vor ihr haltmacht. Schule ändert sich, wenn sie grundlegend neue Anforderungen erreichen. Inklusion ist so ein Beispiel. Der Wandel ist fundamental, die helfende Infrastruktur an den Schulen ist nicht selten personell und materiell unterentwickelt. Da können Veränderungen leicht scheitern. In diesem Heft werden die Grundlagen von Change Management (CM) vorgestellt. Dazu gehören auch die systematischen Schritte für Diagnose und Analyse. Und: Der Prozess des Change Managements erstreckt sich oft über Jahre. Am Beispiel einer kleinen Grundschule an der südhessischen Bergstraße wird gezeigt, mit welchen Problemen zu kämpfen ist, wenn ein Kultusministerium einfach beschließt, dass für Eltern, deren Kinder sonderpädagogische Förderung benötigen, eine größtmögliche Wahlfreiheit gewährleistet werden soll – an einer Schule mit sieben Lehrkräften. Freilich, der Beitrag beschreibt auch, wie die Gelingensbedingungen dafür aussehen können. Welche Vision eine Schule hat, welcher Soll-Zustand angestrebt wird – dies wird in ihrem Leitbild sichtbar. Der Autor unseres Beitrags schreibt von inspirierender Vision und eben nicht vom Leitbild als „Ausdruck abgehobener Schulentwicklungsprosa“. Change Management kann aber auch der letzte Notnagel sein, um eine vom „Aussterben“ bedrohte Schule neu aufzustellen. Wie ein solcher Prozess aussieht, wird ebenfalls am Beispiel einer südhessischen Schule beschrieben. Um Inklusion und deren Umsetzung geht es in einem Beitrag, der aus einer Stiftung kommt. Dort steht nicht nur ein Trainingsbuch „Inklusion auf dem Weg“ zur Verfügung, sondern die Stiftung kümmert sich auch um die externe Beratung dieses Prozesses an den Schulen. Dafür wurden im Vorfeld Begleiter/-innen qualifiziert. Der Beitrag beschreibt die Begleitung von außen und diskutiert die Schwierigkeiten und Fallstricke bei der Umsetzung. Und zum Schluss ein analysierender Artikel, in dem die Verwobenheit der Akteure bei der Schulentwicklung in der Region beschrieben wird. Sie alle können Verantwortung für die „nachhaltige Gestaltung einer zukunftsfähigen Bildungsregion übernehmen. Außerhalb des Thementeils wieder ein Blick über den Tellerrand – diesmal nach Japan. Im Beitrag wird beschrieben, wie dort die inklusive Schulbildung aussieht.
In diesem Heft mit dem Schwerpunktthema „Inklusion“ ist unschwer zu erkennen, woran die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in den Ländern der Bundesrepublik zu scheitern droht. Außer in den Ländern Bremen und Schleswig-Holstein gibt es keinen Rückbau des Sonderschulsystems. Das allgemeine Sekundarschulsystem bleibt erhalten, das Sonderschulsystem steht daneben. War das mit der Behindertenrechtskonvention gemeint? Neben den strukturellen Sackgassen gibt es bei den Lehrkräften nahezu unisono die Meinung, dass den Schulen bei der Umsetzung der Inklusion die nötige materielle und personelle Unterstützung verweigert werde. Dies macht den inkludierenden Unterricht zu einer erheblichen Belastung und führt nicht nur bei den alleine gelassenen Fachlehrer/-innen zur Ablehnung dieser Anforderung. In diesem Themenheft werden die Ursachen benannt, an denen Inklusion scheitert. Der Bildungsforscher Klaus Klemm resümiert: „Auch nach sieben Jahren ist Deutschland weit davon entfernt, das Inklusionsziel der UN-Konvention zu erfüllen“. Der aktuelle Dokumentarfilm „Ich. Du. Inklusion“ zeigt Inklusion in Uedem, NRW. Heile Welt, fast alle Kinder aus der bürgerlichen Mitte, alle sprechen Deutsch, die Lehrer sind erfahren, kompetent, engagiert. Die meisten Eltern wollen Inklusion. Alle Angaben hier stammen aus einem Interview des Filmautors Thomas Binn (Spiegel online). Er sagt: „Ich habe mir bewusst eine Schule ausgesucht, die nicht in einem sozialen Brennpunkt liegt“. 22 Kinder, darunter sieben mit Förderbedarf, „eins auf dem Entwicklungsstand eines Dreijährigen“. Die Klassenlehrerin ist meistens alleine in der Klasse, eine Sonderpädagogin kommt sieben Stunden in der Woche. Es fehlt an Personal, Räumen, Material, Zeit. Das Fazit des Autors: „Die Kinder kommen zu kurz“. Das ist ein Bericht aus der Wirklichkeit. Fast hat man den Eindruck, dass die Praxisberichte in diesem Thementeil aus einer anderen Welt stammen. Wir wollen aber damit nicht die Realität in den Ländern der Bundesrepublik verdecken, sondern zeigen, dass es auch anders gehen kann.