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Wie versucht die AfD, parlamentarisch auf die Zivilgesellschaft einzuwirken? Der Band AfD und die Jugend widmet sich dieser Frage mit zwei Untersuchungen zur Jugendpolitik. Zunächst werden über 700 parlamentarische Interventionen der AfD zu den Themen Jugendarbeit, Jugendbildung und jugendliche Lebensweisen vorgestellt und ausgewertet. Ergänzt wird diese materialreiche und systematische Analyse durch Berichte aus der Offenen Kinder- und Jugendarbeit. Wie tritt die AfD hier auf? Welche Bedarfe, Empfindungen und Befürchtungen haben die Akteure der Kinder- und Jugendarbeit in Bezug auf die AfD? Es zeigt sich: Die vielfältigen Interventionen von rechts richten sich gegen Demokratie, Partizipation, Emanzipation, die offene Gesellschaft und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die im Band vorgestellten Untersuchungen schärfen den Blick für rechtspopulistische Dynamiken, Logiken und Strategien in der Bildungs- und Jugendpolitik. Das Buch bietet zahlreiche Anregungen, wie diesen Angriffen auf die Leitmotive der demokratisch-pluralistischen Jugendarbeit begegnet werden kann.
Digitalität gewinnt auch im Klassenzimmer immer größere Bedeutung und geht weit über den bloßen Einsatz technischer Geräte hinaus. Sie verändert die Art und Weise der Aneignung und Vermittlung von Wissen tiefgreifend. Diese Entwicklung birgt Chancen und Risiken zugleich. Der Band zeigt, mit welchen Maßnahmen der Geschichts- und Politikunterricht auf die zahlreichen Herausforderungen reagieren kann, die sich ergeben. Die Beiträge schlagen eine Brücke zwischen Wissenschaft und schulischer Praxis: Sie umreißen das Problemfeld in der Theorie, liefern empirische Befunde und Perspektiven aus Schule und Gesellschaft und entwickeln schließlich unterrichtspraktische Konzepte.
Seit mehr als einem Jahr leben wir in Zeiten von Corona. Im Lockdown hatte und hat die politische Bildung einerseits damit zu kämpfen, die Existenz der Einrichtungen zu sichern, Arbeitsplätze zu erhalten und wirtschaftliche Verluste möglichst auszugleichen. Andererseits galt es, unter den Bedingungen von Corona weiterhin Seminare und Veranstaltungen durchzuführen. Mit beeindruckender Kreativität und innovativen Ideen wurden neue Formate entwickelt. Die Reaktion der politischen Bildung war ein enormer Digitalisierungsschub, der Tagungsraum wurde ins Internet verlegt. Barcamps wurden online dur…
Primärpräventive Bildungsarbeit gewinnt angesichts von Antisemitismus und Rassismus zunehmend an Bedeutung. Mit „Wahrheiten und Narrheiten“ wurde im Jüdischen Museum Frankfurt ein innovatives Bildungsangebot zur Extremismusprävention im Grundschulalter geschaffen, das in diesem Buch vorgestellt wird. Der Workshop verbindet die Tradition des türkischen Schattentheaters mit den jüdischen Narrenerzählungen Isaac Bashevis Singers. Aus einem vorgegebenen Narrativ entwickeln die Kinder eigene Figuren und Szenen und transferieren die Erzählung so in die transkulturelle Gegenwart. Dabei werden kreativ und spielerisch Vorstellungen vom Zusammenleben in einer heterogenen Gesellschaft aufgeworfen und entwickelt.
Fast 70 Jahre lang schien es selbstverständlich, dass Demokratie unsere Gesellschaftsform ist und sie nicht mehr grundsätzlich in Frage gestellt wird. Doch immer wieder hört man in politischen Kommentaren und Zeitdiagnosen, dass die Demokratie zumindest herausgefordert oder gar in Gefahr sei.Das aktuelle Jahrbuch Demokratiepädagogik befasst sich also aus guten Gründen mit der Frage, was unser Bildungssystem leisten kann und muss, um die Demokratie als Gesellschaftsform zu stärken. Junge Menschen resilient zu machen gegen populistische und radikale Ideologien ist eine der Kernaufgaben. Die Beiträge hierzu diskutieren eine soziale Vielfalt, in die jeder von unmittelbar eingebunden ist. Das betrifft gerade das Lernen und Lehren in pädagogischen Einrichtungen und besonders in der Schule. Das gilt aber auch für viele gesellschaftliche Institutionen, die sich als bildungswirksam erweisen: Kirche, Strafvollzug, Jugendarbeit, Altenhilfe. Zugleich stehen die Demokratie als Gesellschaftsform und als Herrschaftsform in einem Spannungsverhältnis zueinander. Unterschiedliche Beiträge und Praxisprojekte thematisieren dieses Spannungsfeld auf vielfältige Weise und verdeutlichen, dass sich hier weitreichende Entwicklungs- und Gestaltungsfelder eröffnen. Berichte aus der Zivilgesellschaft sowie Rezensionen runden den Band ab. Die Reihe wird ab dem Jahrgang 2023 in der neuen Reihe Jahrbuch Demokratiepädagogik und Demokratiebildung fortgeführt.
Wie entsteht Rassismus? Welche Zusammenhänge lassen sich zwischen Sprache und Rassismus beobachten? Sollte rassismuskritische Bildung nicht eine Querschnittsaufgabe aller Bildungsarbeit sein? So steht vor dem Hintergrund neuer bundespolitischer Programme zur Extremismusprävention und Demokratieförderung nicht nur die non-formale politische Bildung vor neuen Herausforderungen, Klärungsprozessen und Selbstverständnisdebatten. Die Autorinnen und Autoren des Bandes widmen sich der vielschichtigen Ausdifferenzierung der rassismuskritischen Bildung: Neben dem Thema Antisemitismus werden auch Kolonialismus sowie Nachhaltigkeit und Globalisierung behandelt. Auch Rassismus im Kontext von Populismus und Rechtsextremismus kommt zur Sprache. Unterschiedliche Institutionen werden im Hinblick auf Rassismus (-kritik) betrachtet. Zudem finden sich im Band medienpädagogisch und -analytisch orientierte Beiträge. Dabei wird deutlich, welchen wichtigen Beitrag politische Bildung leisten kann, um Rassismus präventiv und aktiv entgegenzutreten. ** Mit der Bestellung eines Titels zur Fortsetzung erhalten Sie diesen Titel sowie alle künftigen Titel der entsprechenden Reihe direkt nach Erscheinen zugesandt. Ein weiterer Vorteil: Sie sparen rund 20 Prozent gegenüber der Einzelbestellung. Der Fortsetzungsbezug ist jederzeit kündbar - eine kurze Mitteilung an uns genügt!
Der Klimawandel ist eine der zentralen politischen Aufgaben der Gegenwart und stellt die Demokratie auf eine harte Bewährungsprobe. Denn die Bewältigung des Klimawandels erfordert langfristiges, konsequentes und gemeinsames Handeln, welches sich mit den langwierigen, komplexen und interessensabwägenden Abläufen von Demokratie bei gleichzeitig kurzfristiger Perspektive von Wahlperioden beißt. Darüber hinaus versuchen gegenwärtig unterschiedliche rechtspopulistische und rechtsextremistische Akteure, die Verunsicherungen aufzugreifen und als einen weiteren ideologischen Baustein zur Infragestellung des demokratischen Systems fruchtbar zu machen. Der Schwerpunkt dieser Ausgabe der Zeitschrift Demokratie gegen Menschenfeindlichkeit versucht, verschiedene Facetten des Megatrends Klimawandel in seinen Bezügen zu politischen Tendenzen auszuleuchten.
In den vergangenen Jahren sind Orte wie Chemnitz, Clausnitz, Heidenau und Freital als Chiffren für fremdenfeindliche Gewalt deutschlandweit und auch international bekannt geworden, ebenso wie bereits zuvor die PEGIDA-Hochburg Dresden. Zu gewalttätigen Ausschreitungen in Chemnitz kam es im Sommer 2018 nach einer Auseinandersetzung, bei der ein Deutsch-Kubaner durch Messerstiche tödlich und zwei weitere schwer verletzt worden waren. Rechte und rechtsextreme Gruppen hatten aufgrund von Nachrichten zum Migrationshintergrund der mutmaßlichen Täter zu Demonstrationen aufgerufen. Im Internet wurden Falschinformationen verbreitet, wonach der Getötete eine deutsche Frau vor sexueller Belästigung durch Migranten beschützt habe. In der Folge kam es zu ausländerfeindlichen und antisemitischen Ausschreitungen, organisierte Rechte und Neonazis griffen tatsächliche oder vermeintliche Migranten, Gegendemonstranten, Polizisten sowie Pressevertreter und unbeteiligte Passanten sowie ein jüdisches Restaurant an. In den folgenden Tagen und Wochen gab es zahlreiche Demonstrationen und Gegenproteste. Mobilisiert hatten die rechtspopulistische Bürgerbewegung „Pro Chemnitz“, die neonazistischen Parteien NPD, „Der III. Weg“ und „Die Rechte“, ebenso die Kameradschaftsszene, Hooligangruppen, PEGIDA und die Identitäre Bewegung. Der Verfassungsschutz Berlin sprach von einem „offenkundigen Schulterschluss“ von Rechtsextremisten mit der AfD. Zu einer handfesten Regierungskrise wurden die Ereignisse von Chemnitz durch die Causa Hans-Georg Maaßen. Als erste Vertreterin der Bundesregierung besuchte Familienministerin Franziska Giffey die sächsische Stadt. „Sicherheit heißt nicht nur gute Polizeiarbeit, sondern Sicherheit heißt auch Prävention, heißt Jugendarbeit, heißt politische Bildung, heißt Engagement und heißt Zusammenstehen“. Konkret wolle die Familienministerin deutlich mehr Geld für politische Bildung bereitstellen. Einige Tage später folgte im September 2018 die (erneute) Ankündigung eines Gesetzes zur Förderung der Demokratie. Dieses müsse klar machen: „Es ist auch die Aufgabe des Staates, die demokratische Bildung junger Menschen auf allen Ebenen zu organisieren“. Das Programm „Demokratie leben!“ sei hilfreich, aber man müsse fragen, wie man von Modellprojekten zu einer strukturellen Förderung komme, so Giffey. Das Programm „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ des BMFSFJ startete im Januar 2015. Die Fördersumme für das Jahr 2019 beträgt nach signifikantem Aufwuchs insgesamt 115,5 Millionen Euro. Zudem ist ebenfalls seit 2018 das beim BMI angesiedelte und mit 100 Millionen Euro hinterlegte „Nationale Präventionsprogramm gegen islamischen Extremismus“ in Kraft. Im Mai 2018 hatte Giffey angekündigt, „Demokratie leben!“ nach 2019 zu entfristen. Diese Programme sowie das angekündigte „Demokratiefördergesetz“ führen laut Benedikt Widmaier, dem verantwortlichen Redakteur dieser Ausgabe des JOURNAL, zu einem signifikanten Strukturwandel der non-formalen politischen Bildung in Deutschland und zu einer förderpolitischen Schieflage zwischen den Strukturen der genannten „neuen“ und der „alten politischen Bildung“, der mit den Förderungen der politischen Jugendbildung aus dem Kinder- und Jugendplan des Bundes (KJP) sowie der politischen Erwachsenenbildung durch die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) lediglich ca. 20 Millionen Euro zur Verfügung stehen. In dieser Ausgabe des JOURNAL wird der angesprochene Strukturwandel der politischen Bildung in verschiedenen Facetten diskutiert und eingeordnet.
Die Präsenz sowie die Themen und Strategien neuer Oppositionsparteien verändern das Parlamentsgeschehen. Im Falle der AfD hat ein aggressiver, polarisierender und emotionalisierender Politikstil Einzug in die Parlamente gehalten. Gezielte Provokationen und Konfrontationen gehören dabei zu ihrem Kerngeschäft. Dieser Band zeigt anhand der AfD-Landtagsfraktion in Hessen, wie die Rechtsaußenpartei agiert. Dabei entsteht das durchaus facettenreiche Bild einer Fraktion, die versucht, alle möglichen Landesthemen aufzunehmen, ideologisch zu konturieren und mit einem typischen Profi l zu versehen. Eine heterogene Fraktion versucht mit all ihren parlamentarischen Aktivitäten, die Demokratie, die Gesellschaft und die politische Kultur in der Landespolitik renationalisierend nach rechts zu verschieben.
Dieser Band liefert einen wichtigen Beitrag zur weiteren Profilierung der Pädagogik der Anerkennung und trägt dazu bei, dass diese zum Alltag in Kindertagesstätten, Schule und Jugendarbeit wird. Anerkennung, Achtung und Respekt gehören in der pädagogischen Arbeit unter dem Stichwort „Pädagogik der Anerkennung“ zu den zentralen Voraussetzungen, wenn Entwicklung und Erziehung, Lernen und Bildung gelingen sollen. Positive Anerkennungserfahrungen in pädagogischen Einrichtungen sind für Kinder und Jugendliche wie auch für Erwachsene eine wesentliche Quelle für die eigene Identitätsbildung und ein positives Selbstwertgefühl. Dabei kann der Kern der pädagogischen Profession mit dem Begriff „Anerkennungsspezialist“ charakterisiert werden. In dem Band wird das Thema in mehreren Beiträgen zunächst theoretisch und grundlegend aufgenommen, dann direkter auf ausgewählte pädagogische Themen- und Praxisfelder bezogen. Schwerpunkte sind dabei die vielfältigen Aspekte einer schulischen Anerkennungskultur sowie die Jugendarbeit und die Arbeit mit gewaltbereiten männlichen Jugendlichen.
Klageschriften über die vermeintlich unpolitische und kaum engagierte Jugend gehörten über Jahre hinweg zu den Dauerbrennern der Presselandschaft. Passé, seitdem Greta Thunberg freitags die Schule bestreikte und ihrem Beispiel weltweit Millionen junger Menschen folgten. Die Jugend entdeckt die Klimakrise als Thema und macht sich Sorgen um die Zukunft des Planeten. In eine ganz gegenwärtige Kommunikationskrise trudelte die Regierungspartei CDU im vergangenen Jahr aufgrund eines Youtube-Videos: Unter dem Namen „Die Zerstörung der CDU“ hatte es der Youtuber „Rezo“ ins Netz gestellt. Millionen klickten das Zerstörungsvideo an und die überwiegende Mehrheit der über 30-Jährigen im Land fragte sich: Wer ist dieser Mensch mit den blauen Haaren und warum kann er eine bundespolitische Debatte anstoßen? Die Jugend ist also doch politisch und engagiert. Die Frage ist: Entdeckt die junge Generation die Demokratie wieder oder erfindet sie gerade ganz neue Antworten darauf, wie im Zeitalter sozialer Netzwerke Partizipation und Mitbestimmung gestaltet werden?
Der organisierte rechte Populismus hat mit der Alternative für Deutschland (AfD) auch die bundesdeutschen Parlamente erreicht. In zahlreichen Kommunen, in allen Ländern und im Deutschen Bundestag ist sie mit großen Fraktionen vertreten. Das Aufkommen und die Etablierung der AfD ist Ausdruck tiefgreifender Veränderungen der Parteiendemokratie, von gesellschaftlichen Krisenentwicklungen und von Stimmungen in Teilen der Bevölkerung. Diese werden von der AfD aufgenommen und es gelingt der Partei, politische Diskurse zu beeinflussen und Wähler*innenpotential zu binden. Diese Studie untersucht die Politik von AfD-Fraktionen in kommunalen Parlamenten von Hessen und Niedersachsen sowie im Landtag von Rheinland-Pfalz. Der Blick auf die eingebrachten Anträge und Anfragen zeigt, welche Themen und Argumentationsmuster zentral sind und mit welchen Strategien und Politikstilen die AfD in den Parlamenten agiert. Daraus entsteht ein vielschichtiges Bild der parlamentarischen Aktivitäten einer neuen Partei, die sich im Spannungsfeld von national-konservativ, national-liberal, rechtspopulistisch und völkisch-nationalistisch bewegt. Die Befragung von Parlamentarier*innen der „etablierten“ Parteien zu ihrer Wahrnehmung der AfD und ihrem Umgang mit ihr liefert Argumente für eine differenzierte und aufklärende Auseinandersetzung mit der neu-rechten Partei.
Die Frage nach der aktuellen Verfassung der Demokratie ist ein zentrales Anliegen politischer Bildung. Sie wird auch vom diesjährigen BundeskongressPolitische Bildung aufgegriffen, der vom 19.-21. März in Duisburg stattfindet. Dabei will der Kongress den Blick vor allem auf die zunehmenden Ungleichheitenund Asymmetrien richten, die zwar das formale Regelsystem der repräsentativen Demokratie unangetastet lassen, die aber deren gesellschaftliche Basis immer deutlicher in eine brisante Schieflage bringen. Das Stichwort „Postdemokratie“, das eine Art Leitmotiv des letzten Bundeskongresses vom Frühjahr 2012 bildete, stellt einen Versuch dar, diesen scheinbar irreversiblen Prozess und seine politischen Konsequenzen auf den Begriff zu bringen. Bei der neueren Demokratiedebatte wird immer stärker die gesellschaftliche Grundlage, speziell die Ökonomie, ins Blickfeld gerückt. Der Ökonom Thomas Piketty hat in seiner groß angelegten Studie über „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ seine sozialwissenschaftlichen Kollegen ermahnt, „das Studium ökonomischerTatsachen nicht den Ökonomen (zu) überlassen.“ Für die politische Bildung dürfte diese Aufforderung in gleicher Weise gelten, wobei speziell im außerschulischen Bereich eine solche Notwendigkeit seit längerem anerkannt ist. Die „non-formale“ Szene lebt ja von der Initiative der Zivilgesellschaft, und deren soziale Impulse,auch die Einsprüche und Proteste prägen das Bildungsgeschehen. Viele Träger sind hier mit Fragen der Arbeitswelt, der Qualifizierung und beruflichen Weiterbildung befasst, wie ja überhaupt das Ziel der „Beschäftigungsfähigkeit“ für die verschiedenen Felder des Lebenslangen Lernens bildungspolitischgesetzt ist. Die vorliegende Ausgabe des Journals greift die einschlägigen Fragen aus dem Blickwinkel von Theorie und Praxis der außerschulischen Bildung auf. Einleitend geht Prof. Christoph Butterwegge (Universität Köln) auf den zentralen Punkt, die wachsende soziale Ungleichheit, ein, indem er eine Bilanz der jüngsten Entwicklungen im Finanzmarktkapitalismus zieht. Dem folgt ein Beitrag der beiden Politikwissenschaftler Dr. Oliver Eberl (TU Darmstadt) und Dr. DavidSalomon (Universität Siegen). Sie stellen die „Diagnose Postdemokratie“ selber auf den Prüfstand. Dabei sehen sie Defizite, halten aber an der Triftigkeit des grundsätzlichen Theorieansatzes fest. Prof. Helmut Bremer und Felix Ludwig (Universität Duisburg-Essen) thematisieren anschließende Inklusion und Exklusion impolitischen Feld. Sie stützen sich auf den theoretischen Ansatz des Sozialwissenschaftlers Pierre Bourdieu und bringen gleichzeitig konkrete Projekterfahrungen aus der politischen Jugendbildung ein. Die politikwissenschaftliche Diagnose von der „immer stärker werdenden Stellung ökonomischer Akteure bei gleichzeitiger Entmachtung von Parlamenten und Öffentlichkeit“ (Oberl/Salomon) hat ihr Pendant in der politischen Bildung: Das Stichwort lautet Ökonomisierung oder „Verbetriebswirtschaftlichung“ der Bildungsarbeit. Prof. Christine Zeuner (Hamburg/Redaktion Journal) bringt ein aktuelles Resümee zu den Ökonomisierungsprozessen, die in der politischen Erwachsenenbildung zu verzeichnen sind. Barbara Menke und Sonja Puchelski (Bundesarbeitskreis Arbeit und Leben) schließen dann den Schwerpunkt ab, indem sie über die pädagogische Arbeit mit bildungsbenachteiligten Jugendlichen berichten.
Aktuelle Umfragen belegen: Die Verschwörungstheorie, einst eine Denkfigur der Selbstisolation, ein Exerziersport von Spinnern an der Peripherie, breitet sich aus. Sie wandert von den Rändern in Richtung Zentrum und wird diskursmächtig – und zwar zur Rechten wie zur Linken“ – so diagnostizierte der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen im Frühjahr 2017 die gegenwärtige „Zeit des großen Verdachts“. In der Auseinandersetzung mit Verschwörungstheorien muss man zunächst anerkennen, dass Verschwörungen real existieren. Die Geschichte ist voller Beispiele, wie Menschen sich im Geheimen zusammengeschlossen haben, um ihre Macht zu sichern und auszubauen. Es ist also nicht von vornherein abwegig, Ereignisse darauf zu prüfen, ob sie das Ergebnis einer Verschwörung waren oder sind. Problematisch wird dieser Vorgang jedoch, wenn der Verdacht einer Verschwörung nicht fallengelassen wird, sobald er sich als falsch erwiesen hat. Verschwörungstheorien versuchen, Zufälle oder Ereignisse, auf die Menschen im Allgemeinen keinen direkten Einfluss ausüben können, durch den Plan einer großen Weltverschwörung zu erklären. Doch wie können komplexe Sachlagen verständlich erklärt werden? Durch das Internet wird zunehmend deutlich, wie weit Verschwörungsideologien in der Gesellschaft verbreitet sind. Dies liegt an der Demokratisierung des Netzes, also der Möglichkeit für alle, ihre Meinung zu veröffentlichen. Was früher nur in einzelnen Studien als Einstellungen der Menschen zutage trat, wird heute täglich von den Menschen in die Öffentlichkeit gesendet. In den Sozialen Medien zeigt sich, dass Verschwörungsideologien, Fake News und Propaganda nicht nur von vermeintlichen gesellschaftlichen Randpersonen verbreitet und geglaubt werden. Der oftmals skandalisierende Ton, das Zusammenspiel von einfachen Erklärungen und der Benennung von Schuldigen ist für die breite Masse attraktiv; und dies vollkommen unabhängig von Geschlecht, Alter oder Bildung. Doch wie erkennt man derartige Unwahrheiten im Zwiegespräch, an Stammtischen und in den Medien? Durch die Konfrontation mit Propaganda, Desinformation und Verschwörung als Angstfigur des rationalen Austauschs von Argumenten wird eines unabweisbar deutlich: Aufklärung und Diskurs brauchen heute neue Formen. Es reicht nicht mehr, einfach nur Positionen auszutauschen, weil in der „Zeit des großen Verdachts“ die gemeinsame Gesprächsgrundlage zwischen vielen Menschen weggebrochen ist. Man muss deutlich machen, was überhaupt als Beweis taugt, welche Quellen man verwendet, wie man zu den eigenen Ansichten und Gewissheiten gelangt ist, denn Demokratie lebt – trotz vieler erschreckender Gegenbeispiele – von der Idee der Mündigkeit. Diesen und den oben ausgeworfenen Fragestellungen der politischen Bildung im Kontext von „Propaganda – Desinformation – Verschwörung“ widmet sich diese Ausgabe.
Der Einstieg in die organisierte rechtsextreme Szene geschieht schleichend und die Bedingungen hierfür unterscheiden sich mitunter stark voneinander. Das Modellprojekt „Rote Linie – Hilfen zum Ausstieg vor dem Einstieg“ zeigt in unterschiedlichen Arbeitsfeldern der Beratung, Begleitung und der Bildung, wie sich solche Einstiege von Jugendlichen vollziehen und wie es gelingen kann, dass Jugendliche den Weg über die rote Linie hin zum organisierten Rechtsextremismus nicht überschreiten. Dieser Band stellt zum Einen die verschiedenen Arbeitsfelder des Projekts vor, diskutiert dabei kritisch die Möglichkeiten und Grenzen der einzelnen Ansätze und formuliert jeweils weiterführende Fragen für das komplexe Themenfeld „Jugend und Rechtsextremismus“. In einem zweiten Teil greifen ausgewiesene Expertinnen und Experten der Rechtsextremismusforschung die Fragestellungen des Projekts auf und diskutieren kritisch die Ergebnisse der Projektarbeit im Zusammenhang mit dem aktuellen Forschungsstand.
Politische Erwachsenenbildung ist Teil des lebensbegleitenden Lernens. Wer sich und die Welt, in der wir leben, verstehen und Politik mitgestalten will, braucht politische Bildung – und damit Zeit für Bildung. Politische Bildung ist ein Angebot zur Orientierung und Information, qualifiziert darüber hinaus für politisches Engagement und die Übernahme gesellschaftlicher, sozialer und politischer Aufgaben. Unsere Demokratie lebt von der Beteiligung informierter Bürger/-innen, weshalb Bildungsbiografien nicht mit dem Ende von Schule, Ausbildung oder Studium enden dürfen. Politische Bildung hat in der Erwachsenenbildung nominell einen hohen Stellenwert, obwohl sich die oft allgemeinbildende, politische oder kulturelle Erwachsenenbildung in den letzten Jahren auf politischen und wirtschaftlichen Druck hin zu einer funktionalen, auf Qualifizierung für den Arbeitsmarkt abzielenden „Weiterbildung“ gewandelt hat. Die Bedeutung und Förderungsnotwendigkeit politischer Bildung wird in nahezu allen Erwachsenen- bzw. Weiterbildungsgesetzen der Bundesländer ausdrücklich oder zumindest implizit betont, die Realitäten spiegeln allerdings oftmals andere Prioritäten wider. Die Bildungsfreistellung wird derzeit – trotz des gesetzlichen Anspruchs in zahlreichen Bundesländern – nur selten wahrgenommen. 77 % der Beschäftigten sind an Fortbildungen interessiert, aber nur 0,5 bis 2 % der Arbeitnehmer/-innen nehmen Bildungszeit. Diese Zahlen implizieren Handlungsbedarf auf allen Ebenen: staatlicherseits, vonseiten der Abreitnehmer/-innen sowie der Träger politscher Erwachsenenbildung. Aus verschiedenen Blickwinkeln gibt der SchwerPunkt dieses Journals Anregungen und verweist auf die Bedeutung der wichtigen gesellschaftspolitischen Aufgabe für eine zunehmend komplexe, diffundierende und dabei doch in weiten Teilen den Konsens suchende Gesellschaft. Die Rubrik MitDenken untersucht anhand der FES-Jugendstudie 2015 die Einstellungen 14- bis 25-Jähriger zur Demokratie und zu demokratischen Prinzipien. Herausgehoben ist hierbei die Frage, welche Rolle politische Bildung für Demokratielernen aus dem Blickwinkel junger Menschen spielt. Daran anschließend stehen in der Rubrik ÜberGenzen „Schritte zu einem machtkritischen Globalen Lernen“ im Mittelpunkt.
Zum sogenannten „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU), seinen Mord- und weiteren Gewalt- und Straftaten liegen diverse Publikationen vor, mehrere Untersuchungsausschüsse der Länder und des Bundes haben sich mit ihm befasst und befassen sich noch damit. Neben den Untersuchungsausschüssen sind es vor allem journalistische Recherchen, zivilgesellschaftliche Akteur_innen und die Angehörigen der Mordopfer mit den Nebenklageanwält_innen, die weitere Fragen zum NSU, der rechtsextremen Szene und der Arbeit von zuständigen Behörden aufgeworfen haben. Einiges ist aufgeklärt, vieles noch nicht und es bleibt abzuwarten, was noch ans Tageslicht befördert wird. Dabei zeigt u. a. der Verhandlungsverlauf des Münchener „NSU-Prozesses“ gegen Beate Zschäpe wegen Mittäterschaft in zehn Mordfällen, besonders schwerer Brandstiftung und Gründung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und vier mutmaßliche Helfer und Unterstützer, welchen Aufklärungsbedarf es noch gibt. Wie der NSU entstand und was er über die Gesellschaft verrät – davon ist wenig bekannt. Vor allem die gesellschaftlichen Ursprünge der rassistischen Mordtaten, „Sinn“ und „Funktion“ dieses Terrorismus bedürfen ebenso weiterer Aufhellung wie die Mechanismen der Radikalisierung der Gewaltgruppe jenseits von Einzeltätertheorien und simplen Schuldzuweisungen an staatliche Institutionen. Auch fünf Jahre nach dem Öffentlichwerden des „NSU-Komplex“ gibt es noch viele offene Fragen zur Vernetzung und Einbindung des „Trios“ in die rechtsextreme Szene, zu ihren Kontaktleuten, Helfer_innen und Mitwisser_innen „vor Ort“ sowie zur Arbeit von Sicherheitsbehörden und Geheimdiensten bzw. von einzelnen Mitarbeiter_innen. Nicht zuletzt bedarf es sorgfältiger Aufbereitung, Sortierung, Einordnung und Interpretation der zahlreichen bekannt gewordenen Informationen und ihrer Zusammenführung zu einem Gesamtbild, das auch fünf Jahre nach dem öffentlichen Bekanntwerden der NSU-Untergrundgruppe noch unvollständig ist. Das vorliegende Themenheft leistet dazu einen Beitrag aus unterschiedlichen Perspektiven.
Zur ReiheDie außerschulische politische Jugend- und Erwachsenenbildung findet in vielfältigen Arbeitskontexten statt. Diese Kontexte verknüpft die Reihe non-formale politische Bildung. Die ausgewählten Publikationen der Reihe schlagen alle eine Brücke zwischen theoretischer Reflexion und praktischer Arbeit und sind dadurch eine gewinnbringende Lektüre für alle, die im Feld der Politischen Bildung tätig sind.
Unter Rückgriff auf Immanuel Kant und die Rezeption des angelsächsischen Diskurses über Kosmopolitismus ist in den letzten Jahren versucht worden, einen modernisierten Begriff des Weltbürgers in die öffentlichen politischen Debatten einzubringen. Vor diesem Hintergrund wird im vorliegenden Band interdisziplinär und kontrovers diskutiert, ob der Weltbürger ein angemessenes Bürgerleitbild für die globalisierte Welt ist. Dieser interdisziplinäre Diskurs zwischen Soziologen, Politikwissenschaftlern, Theologen, Philosophen, Historikern, Pädagogen, Musikwissenschaftlern und Politikdidaktikern über Weltbürgertum liefert neue Anstöße für eine zeitgemäße Theorie und Praxis der Politischen Bildung in weltbürgerlicher Absicht. In Abgrenzung zu einer ausschließlich wirtschaftlich gedachten Globalisierung sollen damit mögliche Perspektiven einer politischen und gesellschaftlichen Kosmopolitisierung erörtert werden. Auch in Zeiten der Globalisierung brauchen mündige Bürger Handlungsfelder der aktiven politischen Partizipation. Für eine Weiterentwicklung der Politischen Bildung stecken die Beiträge neue Herausforderungen und Perspektiven ab.
Wie engagiert sich die jüngere Generation? Wofür steht sie ein? Welche Protestformen wählen sie? Das Buch präsentiert Einblicke in die Protestkultur junger Menschen aus vielen verschiedenen Perspektiven.
Dr. jur. Manfred Roeder war ein brutaler Militärrichter der NS-Justiz und überzeugter Nationalsozialist. Das zeigen vor allem seine Anklagen und die Todesurteile gegen Mitglieder der „Roten Kapelle“. Er bleibt bis weit in die 1950er Jahre in die rechtsextreme Szene eingebunden. Mit seinem Umzug nach Glashütten/Ts. 1963 wird er zunächst II. und bis 1971 I. Beigeordneter.
In diesem Band analysieren Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Politik mit jeweils sehr unterschiedlichen Erfahrungshintergründen Themen, die für das Selbstverständnis und die Außenwahrnehmung des Internationalen Bundes (IB) von Bedeutung sind: das Erbe des damals gerade besiegten Nationalsozialismus und die NS-Vergangenheit vieler Führungskräfte; die Bedeutung einer europäisch orientierten emanzipatorischen Pädagogik und politischen Bildung; die Rolle der Nachkriegspolitik, insbesondere die der SPD, bei der fachpolitischen Positionierung des IB im Nachkriegsdeutschland; die Begründung und Gestaltung der engen Partnerschaft zwischen IB und Deutschem Roten Kreuz; den mit den 1970er Jahren einsetzende Reform- und Öffnungsprozess im IB; den heutige Umgang des Unternehmens IB mit seinem Erbe. Der neue Band knüpft an die Veröffentlichung der Gründungsgeschichte des Internationalen Bundes an, die 2017 erschienen und auf großes Interesse gestoßen ist. Er ergänzt damit den Blick auf die Geschichte dieses großen Trägers der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit um weitere bedeutsame Facetten. Mit Beiträgen von Herta Däubler-Gmelin, Benno Hafeneger, Petra Liebner, Kristina Meyer, Boris Palmer, Marion Reinhardt, Bernd Umbach, Jens Westemeier und Stefan Zowislo, einem Gespräch zwischen Petra Merkel, Thiemo Fojkar und Heidrun Winkler sowie zwei Texten von Carlo Schmid. Dieser Band ist zusammen mit dem Vorgängerband als Paket bestellbar: http://www.wochenschau-verlag.de/geschichte-des-internationalen-bundes.html
Dieses kulturelle Bildungsprogramm zur antisemitismuskritischen Extremismusprävention will Bildungsschaffenden Einblicke in gelingende primärpräventive Bildungsarbeit im Kontext von Schule ermöglichen und zur Weiterentwicklung selbstswirksamkeitsfördernder Programme anregen.
Soziale Bewegungen sind eine wichtige Form kollektiven, zivilgesellschaftlichen Handelns. Unter den vielfältigen Beispielen wirkkräftiger sozialer Bewegungen finden sich etwa Arbeiter*innen-, Bürgerrechts-, Anti-Apartheid-, Frauenrechts-, Lesben- und Schwulen-, Behindertenrechts- sowie Friedens-, Umwelt- und indigene Bewegungen. Hinzu kommen vielfältige Protestbewegungen gegen Korruption, staatliche Willkür, Wahlbetrug und Repression. Viele beziehen sich ausdrücklich oder stillschweigend auf Menschenrechte. Allerdings: Nicht immer sind soziale Bewegungen progressiv. Oft gibt es auch Gegen-Bewegungen als Reaktion auf tatsächlichen oder eingeforderten sozialen Wandel. Soziale Bewegungen versuchen eben nicht nur grundlegende soziale Veränderungen anzustoßen und durchzusetzen, sondern auch abzuwehren und rückgängig zu machen. Die Beiträge des Schwerpunktthemas „Bewegte Menschenrechte“ sind so vielfältig wie Bewegungen und Gegenbewegungen selbst und können nur einige wenige Themen aufgreifen: die Protestbewegung in Hongkong, „strategische Prozessführung“ als eine Möglichkeit zivilgesellschaftlichen Aktionismus‘, die Selbstermächtigun von Menschen mit Behinderungen, populistische Mobilisierungsstrategien der „neuen Rechten“, Formen des gesellschaftlichen Umgangs mit rechtspopulistischen Bewegungen oder die globale Bewegung Black Lives Matter. Außerhalb des Schwerpunktteils diskutiert der südafrikanische Rechtsprofessor Christof Heyns die Anwendung von Untersuchungskommissionen in Afrika. In der Rubrik „Außer der Reihe“ diskutiert und kritisiert Monika Mayrhofer das im Menschenrechtsdiskus weithin verwendete Konzept der Vulnerabilität. Andrea Schmelz weist die Wanderarbeiter*innenkonvention – trotz ihres geringen Ratifikationsstands – als durchaus streitbare Ressource für die Rechte von Migrant*innen aus. Das „Forum“ steht im Zeichen einer facettenreichen Debatte um Kunstfreiheit und „Cancel Culture“. In der Rubrik „Profile“ nehmen Frank Haldemann und Thomas Unger eine kritische Würdigung des Anti-Impunity Framework vor.
Für liberale, plurale, offene demokratische Gesellschaften sind Kontroversen und Konflikte elementar. Demokratische Gesellschaften sind geprägt von vielfältigen Interessen, durch Gruppierungen, die unterschiedliche Ziele verfolgen, von Menschen, die unterschiedliche Lebensformen bevorzugen, von Personen, für die verschiedene Wertesysteme oder Glaubensüberzeugungen relevant sind, durch Akteure, die soziale, technische und ökonomische Entwicklungen unterschiedlich oder konträr bewerten, durch Initiativen, Verbände und Parteien, die divergierende Vorstellungen davon haben, was notwendige und effiziente Lösungen für aktuelle Probleme sind und davon, wie sich die Gesellschaft weiterentwickeln sollte. Politische Jugend- und Erwachsenenbildung ist herausgefordert, sich mit den mannigfaltigen Aspekten der gesellschaftlichen Wirklichkeit, den kleinen, großen und globalen Krisen zu befassen und Hintergründe zu vermitteln, Ursachen zu analysieren, die Entwicklung begründeter Urteile und eigener Standpunkte zu ermöglichen, das Erkennen von Handlungsperspektiven zu fördern und dabei der Komplexität aktueller Problemlagen gerecht zu werden. Das handlungsleitende Prinzip der Praxis ist dabei das Kontroversitätsgebot, eines der drei im Beutelsbacher Konsens neben dem Überwältigungsverbot und der Teilnehmenden-/Subjektorientierung festgehaltenen Prinzipien, die insgesamt als Grundelemente einer Berufsethik politischer Bildner/-innen verstanden werden können. Kann politische Bildung in einem zunehmend polarisierten politischen Klima diesem Anspruch gerecht werden? Gibt es rote Linien, die in Kontroversen und konflikthaften Auseinandersetzungen nicht überschritten werden dürfen? Wie breit muss das Spektrum der vertretenen Meinungen sein, um einen reflexiven, urteilsbildenden Diskurs führen zu können? Zu beobachten ist, dass viele öffentliche Diskurse zum Spektakel werden oder sich vor allem diejenigen durchsetzen, die am lautesten schreien. Bei diesem Prozess spielen die Social Media eine große Rolle. Dort finden sich auch Meinungen zusammen, die sich ansonsten auf die Stammtischrunde in der Eckkneipe beschränken würden und sich nun im Resonanzraum Internet vernetzen. Darin zeigt sich auch eine Entleerung des demokratischen Prozesses und ein Bedeutungsverlust des argumentativen und inhaltlichen Streits um politische Positionen. Kontroversität ist jedoch deutlich mehr als das in entsprechenden Kommentaren vorherrschende Freund-Feind-Denken oder das Arrangement von Pro- und Kontra-Debatten. Kontroversität steht für Multiperspektivität, eine Haltung, die einen Konflikt oder eine gesellschaftliche Problemlage aus unterschiedlichen Perspektiven analysiert und gleichzeitig die Bedingungen der Perspektiven reflektiert. Wie können Grenzen einer demokratischen Debatte, wie die Leitplanken von Kontroversen markiert werden? Als normativer Rahmen für Debatten gelten die Grundrechte des Grundgesetzes und die Menschenrechte. Alle weiteren Überlegungen zu einem begründeten Ausschluss aus einem Diskurs bauen darauf auf. Doch Grund- und Menschenrechte bilden keine eindeutigen Schranken. Wie die Rechtsprechung zeigt, sind auch diese genauer zu interpretieren. Auch diejenigen, die ihre eigene Position absolut setzen, schließen sich aus einem Streit um bessere Lösungen aus. Prinzipiell muss eine freiheitliche, liberale und offene Demokratie bei der Komplexität gesellschaftlicher Problemlagen in der Lage sein, sich gegen ihre Feinde zu verteidigen. Dazu gehört jedoch auch, dass überlegt werden muss, welche Akteure einbezogen werden müssen, um tragfähige Lösungen für gesellschaftliche und politische Konflikte zu erzielen. Dazu bedarf es auch einer Erweiterung von Kritik- und Konfliktkompetenz als Ziel politischer Bildung.
Die Zeitläufte mögen sich ändern, Regierungsformen kommen und gehen – die organisierte Ärzteschaft verfolgte stets und beharrlich ihre Interessen, passte sich den herrschenden Umständen an und wusste ihre Spielräume geschickt zu nutzen. Der 60. Jahrestag der Gründung der heutigen Landesärztekammer Hessen war Anlass, die ersten 70 Jahre der Geschichte der hessischen Ärztekammern von den Anfängen im späten 19. Jahrhundert bis zur Gründung der heutigen Landesärztekammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts im Jahre 1956 zu untersuchen. Deren Standesinteressen veränderten sich in diesem langen Zeitraum kaum: Immer ging es um Standesehre, Autonomie und das Postulat, ein „ethisch hochstehender“ und „verantwortungsbewusster Beruf“ zu sein. In der Zeit des Dritten Reiches wurde die hessische Ärzteschaft dabei zum Instrument der NS-Ideologie im Gesundheitsbereich. Die Autoren zeichnen im vorliegenden Band die Ereignisgeschichte der hessischen Ärztekammern nach und richten gleichzeitig den Blick auf Mentalitäten und Kontinuitäten, insbesondere im Übergang von der NS-Zeit in die junge Bundesrepublik Deutschland.
Eine zweimal jährlich erscheinende Fachzeitschrift kann nicht der Ort für die Diskussion tagesaktueller Ereignisse sein, jedoch erscheint die erste Ausgabe in einer Zeit, die unter den Vorzeichen eines möglicherweise tief greifenden gesellschaftspolitischen Wandels steht, der sich in einigen markanten Punkten immer deutlicher offenbart. An der sogenannten „Flüchtlingsfrage“ lässt sich aber wie unter dem Brennglas ablesen, was sich die neu gegründete Zeitschrift „Demokratie gegen Menschenfeindlichkeit“ auf die Fahne geschrieben hat: die Beschreibung und Analyse von Themen und Herausforderungen aus Sicht von und für Wissenschaft und Praxis. Dazu gehören Analysen der aktuellen politischen Debatten und ihrer Auswirkungen auf die Praxis sowie der Wirkmächtigkeit menschenfeindlicher Stimmungsmache, die in Diskriminierung und Gewalt münden kann, aber eben auch die Vorstellung von Best-practice-Beispielen zivilgesellschaftlichen Engagements und die Darstellung der Herausforderungen für die Entwicklung einer demokratischen Kultur. Das aktuelle Heft greift einige der Themenstränge sowohl analytisch auf und ordnet sie empirisch und praxisbezogen ein.
Das Jahrbuch Demokratiepädagogik Bd. 3 widmet einen Themenschwerpunkt der Prävention gegen Rechtsextremismus und der damit zusammenhängenden Aufgabe der Aufklärung über die Rechte Jugendkultur. Partizipation, Inklusion und diskriminierungskritische Ansätze sind Elemente einer demokratiepädagogischen Rechtsextremismusprävention. Aspekte wie Jugendgewalt, Anti-Bias-Arbeit und interkulturelle Pädagogik werden ebenso angesprochen wie das Schlüsselproblem „Rechter Musik“. Darüber hinaus werden Arbeiten zum Wechselspiel von Demokratiepädagogik und Lehrerbildung, zur Elternbildung, zur Gedenkstättenpädagogik, zur Politikdidaktik, zu Jugendbegegnungen sowie zu demokratiepädagogischen Projekten vorgestellt. Informationen zu Ländern und Regionen, aus der Zivilgesellschaft sowie Rezensionen runden den Band ab. Die Reihe wird ab dem Jahrgang 2023 in der neuen Reihe Jahrbuch Demokratiepädagogik und Demokratiebildung fortgeführt.
Der Aufbau von Integrationshilfen für entwurzelte, zugewanderte Jugendliche und die Entwicklung einer international geprägten Kulturarbeit für junge Menschen – das waren die Ziele des „Internationalen Bundes für Kultur- und Sozialarbeit“. Gegründet wurde er am 11. Januar 1949 in Tübingen.Die vorliegende Dokumentation untersucht die Gründungsgeschichte des IB und wirft damit auch ein gesellschaftspolitisch interessantes Licht auf die Übergänge von der Nazi-Diktatur zu den ersten beiden Jahrzehnten der jungen Bundesrepublik
Lange hat sich die Überbetonung der Geschichte nicht mehr so sehr zum Schaden der Gegenwart ausgewirkt wie heute. Aktuell sind sich Deutschland und viele westeuropäische Staaten nach innen sowie nach außen uneins in der Frage, wie man mit der russischen Aggression gegenüber der Ukraine und dem dortigen Krieg umgehen soll. Das größte Geschütz in deutschen, westeuropäischen und russischen Geschichtsdebatten – Faschismus, Holocaust und Zweiter Weltkrieg – wird von beiden Seiten aufgefahren, während die spezifischen Erfahrungen der Staaten Mittel- und Osteuropas, nämlich das divide et impera der Großmächte, kulminierend im Hitler-Stalin-Pakt von 1939 und den Okkupationen, Repressionen und Deportationen unter deutscher und dann sowjetischer Herrschaft bis 1989, oft übergangen werden. Und während man in Deutschland und Europa den Minimalkonsens für ein Vorgehen gegenüber Russland diskutiert, bereitet man sich in Estland, einem EU- und NATO-Mitglied (allerdings ohne völkerrechtlich gültigen Grenzvertrag mit Russland), vielerorts auf eine Invasion oder Infiltration russischer Truppen vor, auch weil dort die Erinnerung an die längere und präsentere Sowjetherrschaft mit großrussischer Prägung lebendiger und gegenwärtiger ist als anderswo: Hier liegt die eigene GULag-Erinnerung in Widerstreit mit dem (west)europäischen Holocaust-Gedächtnis, welches teils importiert, teils oktroyiert wurde. Insbesondere in Konfliktsituationen teilen die europäischen Staaten keine gemeinsame Erinnerung, die positiv in die Gegenwart wirken könnte, sondern diese Erinnerung wirkt teilend. Neben den aktuellen erinnerungskulturellen Trennlinien in Europa behandelt diese Ausgabe des Journal auch positive Beispiele geteilter Erinnerung und stellt Institutionen, Museen und Projekte vor, die auf eine Überwindung dieser Trennlinien hinarbeiten. So ist die Entwicklung der deutsch-französischen Nachkriegsbeziehungen von der blutigen Erbfeind- zur engen Partnerschaft im erinnerungskulturellen Bereich auch eine Erfolgsgeschichte der politisch-historischen Bildung und Ihrer Initiativen, Partnerschaften, Seminare und Austausche. Claus Leggewie vertritt die Auffassung, „dass ein supranationales Europa nur dann eine tragfähige politische Identität erlangen kann, wenn die öffentliche Erörterung und wechselseitige Anerkennung strittiger Erinnerungen ebenso hoch bewertet wird wie Vertragswerke, Binnenmarkt und offene Grenzen: Wenn das vereinte Europa also eine geteilte Erinnerung hat, die vergangene Konflikte […] in aller Deutlichkeit benennt, sie aber auch in zivilen Formen bearbeitet und genau darüber eine Gemeinsamkeit wachsen lässt, die die Europäische Union nach innen und außen handlungsfähig macht.“ Was im bilateralen Bereich – wie beim deutsch-französischen Beispiel – schon oft eine Erfolgsgeschichte ist, kann auch auf europäischer Ebene in Zukunft Wirkungsmächtigkeit entfalten. Unaufgearbeitete Verbrechensgeschichte unterminiert allerdings den Weg in die Demokratie, und hier ist auch die politische Bildung in der Pflicht.
Der dritte Band zur Geschichte des Internationalen Bundes (IB) schließt an die beiden Bände „Gründungsgeschichte des Internationalen Bundes“ und „Von Altlasten und Neuanfängen“ an und umfasst 50 Jahre, nämlich den Zeitraum von 1969 bis 2019. Die Entwicklungen der Pädagogik in Ost und West zwischen 1969 und 1989 werden von renommierten Wissenschaftler*innen nachgezeichnet und die wichtigsten Felder des IB von Praktiker*innen vorgestellt. Dabei erfährt der Entwicklungsschub durch die Wiedervereinigung und die Entwicklung des IB in der ehemaligen DDR besondere Aufmerksamkeit.
Die Thematisierung von Jugend ist ein wiederkehrendes gesellschaftliches und pädagogisches Phänomen. Der Band bietet einen Überblick über Jugenddebatten, das Generationenverhältnis, Jugend und Jugendkulturen im Wandel und vermittelt Anregungen für den Umgang mit der jungen Generation.
Im Heft wird der Frage nachgegangen, wie das Thema Krieg in der politischen Bildung aufgenommen werden kann bzw. wird. Dabei geht es u. a. um Informationen zu und Orientierungen in Konflikten, die Beschäftigung mit Desinformation/Fake News und um die Rolle von Medien in internationalen Konflikten. Zudem geht es darum, wie Jugendliche auf die Entwicklungen des Krieges sowie Bilder desselben reagieren, wie sich Prozesse der Militarisierung des Denkens und der persönlichen Positionierung vollziehen, wie Krieg und Gewalt im Alltag präsent sind und wie über den Krieg gesprochen wird. Weiter gil…
Um politische Bildung aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten, bedarf es eines klaren Blicks. Die wissenschaftliche Arbeit von Wolfgang Sander zeichnet sich durch einen solchen aus. Will man nun das Denken und Wirken von Wolfgang Sander begreifen, gilt es gerade die Vielfalt seiner Perspektiven mitzudenken und einen Blick aufs Ganze zu wagen. Mit diesem Blick beleuchtet dieses Buch verschiedene Ansätze politischer Bildung. Sie werden aus emotionstheoretischer, bildungstheoretischer oder globaler Perspektive vorgestellt. Darüber hinaus geht es um unterschiedliche Wirkungsfelder und Handlungsräume politischer Bildung, das Verhältnis von Politikwissenschaft und Politikdidaktik, politische Bildung aus Sicht der Lehrer*innenbildung und den Strukturwandel der außerschulischen politischen Bildung. Schließlich wird die Bedeutung politischer Bildung als Unterrichtsfach im Zusammenspiel mit anderen Unterrichtsfächern herausgearbeitet.
Die Deutsche Jugendfeuerwehr (DJF) gehört zu den größeren Verbänden in Deutschland und vielfältige Aktivitäten machen sie für männliche und weibliche Jugendliche attraktiv. Im Rahmen eines Modellprojektes „strukturfit für Demokratie“ hat die DJF ein Thema und eine Praxisentwicklung aufgenommen, in deren Mittelpunkt „Rechtsextremismus“ und „Demokratieentwicklung“ stehen. Dabei sind Bildung und Kommunikation die zentralen Stichworte und Medien der verbandlichen Umsetzung. In diesem Band werden die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung des Projektes dokumentiert. Sie zeigen anschaulich einen Jugendverband in Bewegung: wie er sich sensibilisiert und qualifiziert, welche Bereitschaft und Wege er entwickelt, sich mit rechtsextremen Orientierungen innerhalb seiner Strukturen auseinanderzusetzen.
Das Handbuch gibt einen umfassenden Überblick zum aktuellen Stand der Konflikt- und Gewaltpädagogik. Nach einführenden Beiträgen über Erscheinungsformen und Hintergründe jugendlicher Gewalt, stellen renommierte Autorinnen und Autoren „ihr“ pädagogisches Verfahren vor. Neben der wissenschaftlichen Begründung und dem methodischen Vorgehen werden die wichtigsten Evaluationsergebnisse erläutert und kritische Einwände reflektiert. Ein dritter Teil des Handbuchs ist übergreifenden Themen gewidmet, wie Gewaltprävention im europäischen Kontext und in der Entwicklungszusammenarbeit, Konfliktbearbeitung im Rahmen der politischen Bildung sowie Chancen durch Kooperation von Jugendhilfe und Schule.
Wir leben in einer Zeit multipler Krisen. Nach der Pandemie führte der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht nur zu unermesslichem menschlichen Leid in der Ukraine und darüber hinaus, sondern auch zu einer Reihe an Folgekrisen in Deutschland wie hohen Flüchtlingszahlen, Belastung der Staatsfinanzen und Sozialkassen, Inflation und Energieknappheit. Und über allem schwebt die Klimakrise. Die Beiträge dieses Heftes zielen nicht auf einzelne Krisenphänomene, sondern nehmen die Konsequenzen für das politische System Deutschlands systematisch und umfassend in den Blick.